Status Quo und Zukunft der Organisationsarbeit in Unternehmen.
Studienergebnisse
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Studienergebnisse

Die Rolle(n) der Organisationsexpert*innen – so vielfältig wie nie!

Organisationsexpert*innen übernehmen viele Rollen und tragen viele Bezeichnungen. Wir haben die Studienteilnehmer*innen gefragt, welche Organisationsexpert*innen es in ihrer Organisation gibt und wie diese bezeichnet werden. Weiterhin unangefochten an der Spitze: Prozessmanager*innen, dicht gefolgt von Organisator*innen. Aber auch Organisationsentwickler*innen, Change Manager*innen und Agile Coaches scheinen sich in der Organisationslandschaft als feste Größen etabliert zu haben. Ob die steigenden Anforderungen an die Veränderungsfähigkeit und die damit verbundenen Change-Initiativen und Kompetenzen vor dem Hintergrund der aktuell dynamischen Rahmenbedingungen zukünftig auch zu einer steigenden Zahl dieser Rollen in den Organisationsabteilungen führt, das wird sich zeigen.

Unter „Sonstige“ wurden u.a. folgende Bezeichnungen angegeben: Organisationsmanagement, Unternehmensentwicklung, Innovationsmanagement, Projektmanagement; IT-Organisation, Personalentwicklung, Prozessarchitektur, Prozess- und Qualitätsmanagement (PQM), Kaizen-Coaching, Unternehmensarchitektur, RPA Entwicklung, Application Management, Cross-funktionale Rollen wie Design Thinking, Facilitation und Innovation

Rollen
office staff NQYR85G

Hohe Akzeptanz

Organisationsexpert*innen sind akzeptiert

Wie werden Organisationsexpert*innen von internen Kunden akzeptiert? Eine spannende Frage, die Aufschluss darüber geben soll, wie anerkannt sich Organisationsexpert*innen in ihrer Rolle fühlen. Hierbei handelt es sich um subjektive Wahrnehmungen, die sicher keine Allgemeingültigkeit besitzen. Dafür lässt das Gesamtbild Raum für Interpretation. So genießen Betriebsorganisator*innen wohl die höchste Anerkennung, während es Agile Coaches und Change Manager*innen zumindest ein wenig schwerer zu haben scheinen.

Liegt dies evtl. daran, dass Betriebsorganisator*innen eher in traditionellen Branchen und etablierten Unternehmen beschäftigt sind und organisatorisch durch ihre operativen Aufgaben eher entlastend und unterstützend für andere (Fachabteilungen) wirken und daher anerkannter sind als andere Rollen? Im Gegensatz dazu stehen Agile Coaches und Change Manager*innen für Veränderung und damit verbundene Change-Maßnahmen - Veränderungsvorhaben, die Unsicherheit und Widerstände erzeugen und damit auch geringere Akzeptanz dieser Rollen zur Folge haben?

Akzeptanz
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Mehr Run als Change

Organisationsexpert*innen zwischen Routine und Wandel

Run oder Change the Business lässt sich im Organisationsbereich nicht immer klar von einander trennen. Zählt nun das Organisationsprojekt zum Tagesgeschäft oder handelt es sich um eine Organisationsveränderung und damit um ein Change-Vorhaben? Sicher eine Frage der Perspektive.

Wir haben die Teilnehmenden dieser Studie konkret danach gefragt, wie sich die Kapazitäten der Organisationsexpert*innen auf Routineaufgaben einerseits und auf Entwicklungsvorhaben andererseits verteilen. Dabei handelt es sich bei Routineaufgaben um alle organisatorischen Tätigkeiten, die die Aufrechterhaltung des „normalen“ Geschäftsbetriebs sicherstellen. So facettenreich der Umfang an Routineaufgaben (Run the Business) im organisatorischen Kontext auch ist, Beispiele umfassen die laufenden oder turnusmäßigen Aktualisierungen von Organigrammen, Stellenprofilen oder die laufende Dokumentation von regulatorischen Anforderungen und Organisationshandbüchern. Im Gegensatz dazu sollen organisatorische Entwicklungsvorhaben (Change the Business) den laufenden Geschäftsbetrieb dauerhaft und nachhaltig durch Organisationsprojekte im Hinblick auf strukturelle, prozessuale und kulturelle Veränderungen gestalten. 

Der Durchschnitt über alle Studienteilnehmer*innen zeigt, dass ein überwiegender Anteil der Kapazitäten für Routineaufgaben eingesetzt wird (61% vs. 39% für Entwicklungsaufgaben).  Übergreifend überwiegt demnach die Routinearbeit. Werfen wir einen Blick hinter die Kulisse und betrachten die Verteilung der einzelnen Erhebungswerte, dann wird dieses Bild noch verstärkt, denn die Häufung der Antworten liegt zwischen 50% und 80% in Richtung Run the Business. Das macht deutlich, dass Organisationsexpert*innen den Schwerpunkt bei der Ausübung von Routineaufgaben sehen. 

designers working as a team in office CU4G5DF 1 v2

Vielfältiges Betätigungsfeld

Die Top-Initiativen der Organisationsexpert*innen

Wir hatten gefragt, wie intensiv die Organisationsexpert*innen in den letzten drei Jahren bei verschiedenen Initiativen in ihrer Institution eingebunden waren. Insgesamt werden Organisationsexpert*innen über alle initiativen hinweg in größeren Unternehmen stärker eingebunden als in kleineren Institutionen. Besonders stark wirken sie in allen Branchen unabhängig von Größe und Alter der Institutionen bei Projekten und Aktivitäten im Prozessmanagement mit. Kontinuierliche Prozessverbesserung (KVP) mit 91% und  Prozessautomatisierung mit 85% waren damit in den letzten drei Jahren die Hauptbetätigungsfelder der Organisationsexpert*innen. Auch bei Restrukturierungen sind sie stark eingebunden. Hier gibt es deutliche Unterschiede in den Branchen. Während über alle Branchen hinweg 36% bei Reorganisationen stark eingebunden sind, sind dies bei NPO/NGO sogar 50% und in der Industrie 62%.

In der Finanzbranche ragt der hohe Betätigungsgrad von Organisationsexpert*innen im Compliance/IKS heraus  (37 % starke und 30% mittelstarke Einbindung). Zunehmende regulatorische Anforderungen in Folge der Finanzkrise wirken sich hier auch beim Organisatorenberuf aus. Erfreulicherweise wurden in den letzten Jahren Organisationsexpert*innen bei strategischen Themen vermehrt eingebunden. Mit mehr als 80% wirkten sie in Initiativen der digitalen Transformation mit und waren zu 2/3 bei Geschäftsmodellentwicklung aktiv. Bei Themen wie Umzug oder Personalentwicklung sind Organisationsexpert*innen weniger gefragt. Nur bei NPO/NGO's sticht der Wert für Personalentwicklung mit 29% starke Einbindung heraus. Fester Bestandteil des Organisatorenberufs war in den vergangenen Jahren die Begleitung von Kulturentwicklungen. Hinsichtlich der Bedeutung des Themas für Veränderungserfolge wäre hier sicherlich noch eine stärkere Einbindung als 18 % wünschenswert.

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Kapazitäten variieren je Branche

Organisationsberufe in der Finanzbranche stark vertreten

Über alle Branchen hinweg kommen im Schnitt 4 Organisationsexpert*innen auf 1000 Mitarbeiter. Zwischen den Branchen herrscht allerdings eine große Bandbreite. Banken und Versicherungen leisten sich die meisten Organisationsexpert*innen (16 Experten/1000 Mitarbeiter). In Industrieunternehmen hat nur jeder tausendste Mitarbeiter einen Organisationsberuf. Mit 8 Organisationsexpert*innen je 1000 Mitarbeiter haben NPO/NGO's doppelt so viel Spezialisten mit Organisationskapazitäten wie der Durchschnitt.

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Zentrale Organisationsabteilungen und deren Führung

In 60% der befragten Unternehmen werden mehrere Stellen von Organisationsexpert*innen in einer übergeordneten Organisationseinheit zusammengefasst. Bei der Frage wie die Abteilungen heißen wurden mit großem Abstand die Bezeichnungen Prozess- und Projektmanagement genannt. Dies ist unabhängig von Unternehmensgröße, Alter oder Branche. Die Bezeichnung Betriebsorganisation scheint typisch in der Finanz- und Versicherungsbranche (50 %). In allen anderen Branchen ist der Name kaum anzutreffen (12%). Das gilt erst recht für jüngere Unternehmen (jünger als 20 Jahre), bei denen der Begriff Betriebsorganisation gar nicht vorkommt. In allen non-finance-Branchen bezeichnet man die Abteilungen von Organisationsexpert*innen neben Prozess- und Projektmanagement häufig Organisationsentwicklung oder Inhouse Consulting.


Agilität ist in aller Munde und Techniken wie Scrum, Business Modell Canvas oder Kanban gehören in den üblichen Werkzeugkoffer der Organisationsexpert*innen. Wir haben deshalb gefragt, inwieweit auch Formen der agilen Organisation in den zentralen Organisationsabteilungen selbst Einzug gehalten haben. Mittlerweile sind selbstorganisierte Teams unter Führung ähnlich weit verbreitet wie Einzelführung. Eine reine Selbstorganisation, wie sie etwa bei der Holokratie vorzufinden ist, ist jedoch in den zentralen Organisationsabteilungen nach wie vor wenig verbreitet. Und dies gilt unabhängig von Branche, Größe und Alter der Unternehmen. 

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Neutralität überwiegt

Meistens der Obersten Leitung unterstellt

Bei der Frage, zu welchen Bereichen die übergeordneten Abteilungen zugeordnet werden, dominiert die Unterstellung direkt unter der 1. Leitungsebene. Daraus kann eine neutrale Position der Organisationsexpert*innen abgeleitet werden. Am zweithäufigsten wird die Orgamosationsabteilung dem IT-Bereich zugeordnet. Die IT/Org-Kombination ist besonders stark in großen Unternehmen mit über 25 Mitarbeitern (75%) und Industriefirmen (50%) anzutreffen. Qualitätsmanagement (QM) ist mit 25% ist vor allem in der Industriebranche die Heimat der Organisationsexpert*innen. Der HR-Bereich (45%) ist auffallend häufig bei NPO/NGO die übergeordnete Instanz.